Andalusien
In den Jahren zwischen 2001 bis 2014 waren deine beiden Fahrradpartner acht mal in Andalusien, es gibt fast keine kleine Landstraße, die sie nicht gefahren sind. Viele dieser durch abwechslungsreiche Landschaften führenden Straßen und Wege sind sie mehrmals gefahren.
Im Gegensatz zu den ersten vier beschriebenen Touren auf ausgeschilderten Radrouten sind die Andalusientouren selbst geplant oder durch günstige Zufälle entstanden.
Aus dieser Vielzahl von Routen ist es kaum möglich, die absolut schönste Tour zu empfehlen. In Andalusien geht es auf einer Reise ja nicht nur ums Radeln, sondern auch um das Erlebnis der Städte, die man unbedingt besucht haben muss. Die muss dein Fahrradpartner nicht extra beschreiben, die sind berühmt …..!
Wenn man sich entschieden hat, den Schwerpunkt auf den Westen oder den Osten des Landes des Lichtes, denn nichts anderes heißt Al Andaluz, zu legen, ist man mit der Routenplanung schon ein ganzes Stück weiter.
Die Tour beginnt, oder muss ich jetzt eher sagen, begann für uns Berliner immer in Malaga, wg. des auch zeitlich günstig gelegenen Direktfluges mit der seligen Air Berlin. (Jetzt hat dein Fahrradpartner nur Flüge mit Umsteigen gefunden, was im Falle der Fahrradmitnahme immer mit Risiko verbunden ist.)
Durch die Einbeziehung von Nationalparks und Naturparks in die Routenplanung kristallisiert sich Stück für Stück die Wunschroute heraus.
Und wenn dann noch, so wie bei deinen Fahrradpartnern der Zufall seine Hände im Spiel hat, und sie „Vias Verdes“, Grüne Wege, entdeckt haben, entsteht die Route fast wie von selbst.
In Olvera wollte die Fahrradpartnerin unbedingt ganz nach oben zur maurischen Burg, um den Ausblick zu genießen. Der Partner hingegen hatte keine Lust das Fahrrad die Treppen hoch zu buckeln, hat ihr den Wunsch aber dann doch erfüllt, was der Tour eine neue Wendung gegeben hat. Neben der historischen Kirche befindet sich ein Museum, eher ein Infozentrum für den „Via Verde de la Sierra“.
In Spanien werden stillgelegte Bahntrassen in Rad- Wanderwege umgebaut. Darüber wurde in diesem Infozentrum berichtet, im speziellen natürlich über den „Via Verde de la Sierra“, der in Olvera beginnt. Den mussten wir kennen lernen. Was für ein tolles Erlebnis, auf einem Radweg über Viadukte und durch mehr als 10 Tunnels zu radeln, die einzigen Konkurrenten auf dem Weg waren Ziegen. Merkwürdiger Weise endetet der Weg ziemlich unvermittelt an dem ehemaligen Bahnhof von Puerto Serrano ohne einem Ort in der Nähe. Dennoch hat dieser Radweg den „European Greenway Award 2013“ erhalten, völlig zu recht!
Das Wissen über die Existenz von Vias Verdes hat die Planungen späterer Radreisen durch Andalusien klar beeinflusst. Leider existieren nur zwei, die eine Länge haben, um die sich eine Route basteln lässt:
Via Verde de la Subbética: Navas de Sepillar – Rio Guadajoz und Via Verde del Aceite: Rio Guadajoz – Jaén, die direkt miteinander verbunden sind und zusammen eine Länge von ca. 100 km haben. Es macht unendlich viel Spaß auf diesen Wegen zu fahren, da sie Berge umgehen und von Brücken weite Blicke in die Landschaft bieten, Oliven in Reihe bis zum Horizont. Bedauerlicher Weise kann man sich zurzeit die Vias Verdes nicht auf der interessanten Seite „Bahntrassenradeln“ von Dr. Achim Bartoschek ansehen, was die Routenplanung erschwert.
Um die in Malaga umgebenden Industriegebiete mit stark befahrenen Straßen zu umgehen, haben wir die Bahn, eine Art S-Bahn („Cercania“, Nahbereich) bis Alora genommen und von dort losgeradelt, die Großstadt Malaga liegt liegt nach einer knappen Stunde Bahnfahrt gefühlt unendlich weit weg.
Für die Städte Cordoba oder Granada bietet sich der Tren media distancia, vergleichbar dem Regionalexpress an. Die Strecke bis Estacion Bobadilla durch die Schlucht El Chorro ist ebenfalls landschaftlich lohnend. Um nach Granada zu gelangen, muss man dort umsteigen, Wartezeit ca. 3 Stunden! In AVE-Züge (Alta Velocidad) ist Fahrradmitnahme nicht möglich. In Malaga muss man, bevor man den Bahnsteig betreten darf, durch eine Gepäckkontrolle, wie am Flughafen, auf den Unterwegsbahnhöfen der Regios gibt es keine Kontrollen, jedoch an allen Bahnhöfen mit AVE Verkehr. Wichtiger Hinweis, der Hauptbahnhof von Malaga ist nicht „Malaga Centro“, sondern „Estacion Maria Zambrano“.
So nun sind die Radler unterwegs. Wie schon erwähnt, die Traumroute kann und will dein Fahrradpartner nicht nennen, aber Empfehlungen geben zu Straßen, die man gefahren sein sollte:
Die genannten Via Verdes, sind mit Abstand die schönsten Routen in Spanien. Es gibt bedauerlicher Weise nur wenige Wege mit mehr als 40 Km. Die meisten sind nur 5 – 10 km lang. Ein langer Weg von der Küste östlich Malaga ist seit über 10 Jahren im Bau. Diese Route soll bis in die Nähe von Jaen in das Herz von Andalusien geführt werden. Der „Vía Verde de la Campiña“ mit ca. 90 Km von Valchillón bei Cordoba – Marchena ist leider ein übler Schotterpfad. In Marchena waren die Fahrradpartner auf Suche nach dem Ausgangspunkt des Weges, auch die immer sehr hilfsbereite Policia konnte nicht helfen, hatte von einer Radroute noch nichts gehört.
Weg 1:
Alora – El Chorro Eine Wanderung über den sanierten Camino Real muss angemeldet werden! Es werden auch „Billetes combinados de tren con posibilidad de visita guiada para conocer el Caminito del Rey“ angeboten. (Dies ist eine erst kürzlich entdeckte Möglichkeit am Bahnhof gleich das Ticket für den Camino del Rey zu erwerben)
– El Burgo – Ronda – Grazalema – Zahara de la Sierra – Olvera – Via Verde de la Sierra – Bornos – Arcos del a Frontera weiter mit dem Bus nach Sevilla, oder ein Abstecher nach Setenil de Bodegas, die Stadt in der Häuser unter einem Felsvorsprung errichtet wurden, so dass die Straße wie in einem Tunnel verläuft. Das größte Hindernis für eine Weiterfahrt in nordwestlicher Richtung bildet der Guadalquivir, über den es zwischen seiner Mündung in den Atlantik und Sevilla keine Brücke gibt.
Eine lohnende Fortsetzung wäre die Fahrt nach San Lucar de Barrameda, wo es eine Fähre gibt und Radfahrer bei Ebbe auf dem harten Meeresboden parallel zum Strand bis Matalascanias radeln können, Achtung! Gezeiten erfragen! Ein Weg, den man geradelt sein muss! Weiter geht es dann durch den Doniana Nationalpark, aber nicht an Feiertagen wg. der berühmten Prozession in El Rocio, keine Chance auf Übernachtung.
Weg 2:
Alora – Antequera – Rundtour zum El Torcal, einem Hochplateau mit Felstürmen, weiter nach Navas de Sepillar zum Ausgangspunkt der bereits genannten Via Verdes über 100 km bis Jaen. Die Weiterfahrt ist abschnittsweise etwas weniger interessant, aber die Tour über Pozo Alcon und die Puerta de Tiscar in den Parque natural de Cazorla, dem größten Naturschutzgebiet in Spanien gehört zu den Straßen, die man in Andalusien gefahren sein sollte.
Weg 3:
Granada – Guadix – Lanteira – La Calahora – Puerta de Ragua (2000 m) und weiter über Trevelez zurück nach Granada.
Lohnender Abstecher von Guadix in nördlicher Richtung nach Acequia de Toril mit interessanten Kalksinterformationen. Schon der Weg dorthin bietet landschaftliche Höhepunkte, man radelt durch ein Gebiet, das einem schon eine Ahnung der Painted Desert vermittelt. Die Ortsnamen erinnern an Arizona oder New Mexico und die Landschaft einer Halbwüste könnte ebenfalls dort sein.
Wenn man aber keine Lust hat, den gleichen Weg wieder zurück zu fahren, empfiehlt dein Fahrradpartner die Straße über Gorafe, an der man keltische Megalithe entdecken kann, Asterix in Spanien!
Zurück nach Guadix kommt man so aber nicht, es gibt nur eine Nationalstraße, die autobahnähnlich ausgebaut und für Radler gesperrt ist. Früher konnte man problemlos auf dem Seitenstreifen radeln, ist jetzt leider nicht mehr möglich. Ob die Polizei alle Augen zudrückt und vielleicht sogar mit Blaulicht langsam voran fährt, kann sein aber sicher weiß man´s nicht. Also Zeit einplanen und durch die Sierra Baza nach La Calahora . Dichte Wälder für südspanische Verhältnisse machen diesen Umweg zu einer abwechslungsreichen Tour.
Ein Muss für supersportliche Radler ist die Fahrt von Granada direkt in die Sierra Nevada über die höchste Passstraße in Europa über Sol y Nieve (3.100 m) nach Pampaneira. Selbst ist diese Tour der Fahrradpartner nicht gefahren, da die Tour bergwärts keine Übernachtungsmöglichkeit bietet. Mehr als 2300 Höhenmeter in einem Rutsch sind dann doch zu heftig.
Was mach Radfahren in Andalusien so faszinierend, dass dein Fahrradpartner achtmal durch diese spanische Provinz geradelt ist?
- Das Wetter!
Im Frühling, wenn es bei uns noch winterlich aussieht, ist in Andalusien schon der Frühsommer ausgebrochen und im Herbst wird der Sommer bis Ende Oktober verlängert. Die Zeit dazwischen ist dann aber ungeeignet, dann wird es zu heiß.
- Die Straßenbedingungen
Es gibt viele kleine, überwiegend gut asphaltierte Landstraßen auf denen man die Landschaft genießend dahin radeln kann. Man muss sich aber auf einige stärkere Steigungen gefasst machen. Schieben war jedoch nie nötig.
- Die freundlichen Autofahrer
Besonders zu erwähnen sind die äußerst rücksichtsvollen Autofahrer, auch wenn Spanier ihre Landsleute selbst völlig anders einschätzen. So haben wir es immer wieder auf engen, unübersichtlichen Passstraßen erlebt, dass Autos nie knapp überholt haben, sondern bis die Straße endlich gut einsehbar war, langsam ohne zu drängeln oder gar zu hupen hinter uns her gefahren sind. Wenn ich ein Zeichen zum Überholen gegeben habe, haben die Fahrer freundlich gewunken!
- Die Unterkünfte
Die Dichte an Unterkünften ist ziemlich groß, selten sind 100 km zu fahren. Unterwegs findet man immer wieder Bars für eine Pause, in denen Kleinigkeiten zum Essen angeboten werden.
- Tapas,
je weiter man in das östliche Andalusien kommt, umso eher erlebt man echte Tapaskultur. Man bestellt ein Bier oder ein Glas Wein und bekommt dazu eine Kleinigkeit, Nach dem dritten Bier (nur 0,3!) oder Wein wird dann schon fast ein echtes Abendessen daraus. „Komm wir bestellen noch einen Vino, mal sehen, was es jetzt dazu gibt!“ Manchmal wurden als Tapa zwei Scheiben Lomo a la Plancha (Schweinelendchen) gereicht oder zwei Gambas mit Kartoffelsalat. Wir haben uns gefragt, wie der Wirt mit so einem großzügigen Angebot überleben kann. Das empfanden wir als fast beschämend, ein üppiges Trinkgeld war selbstverständlich und natürlich der Besuch zum Frühstück.
In den Restaurants laufen immer mindestens zwei riesige Fernsehapparate, und zwischen de jeweiligen Nachrichtenblöcken wie Politik, Wirtschaft kommen immer die schönsten Tore von Messi … und dann die schönsten Tore von Messi in Dauerschleife.
Dein Fahrradpartner hat unterwegs in Andalusien mindestens drei Championsleaguespiele zwischen einer deutschen und einer spanischen Mannschaft gesehen, meistens Real Madrid. In Andalusien hält sich die Begeisterung für Madrid sehr in Grenzen und als Robert L. damals noch in Diensten der Gelb-Schwarzen ein Tor geschossen hat, hat dein Fahrradpartner seine Freude nicht gänzlich unterdrücken können. Die spanischen Fans sahen eher belustigt auf den Unterstützer des Gegners, was zu netten Unterhaltungen in der Halbzeit führte. Man fragte mich, ob ich aus Dortmund wäre, wegen meiner Freude, "no, soy de Berlino". War für sie völlig rätselhaft, komisch geradezu, dass man mit einem Team mitfiebert, das nicht aus der eigenen Stadt kommt. Dass Berlin als Hauptstadt nur eine mittelmäßige Mannschaft hat oder zeitweilig sogar in der 2. Liga spielt, war völlig unverständlich. Diese Begegnungen machen eine Radtour spannend. Pauschaltouris kommen nie in solche Kneipen.
Wenn eine lange Strecke zu überwinden ist, oder das Wetter mal doch nicht mitspielt, wird der Bus genommen. Es ist im Allgemeinen völlig problemlos, die Fahrräder, vorausgesetzt es ist genügend Platz in den Gepäckfächern, im Bus mitzunehmen. Lenker querstellen, Vorderrad ´rausnehmen und dann geht´s meistens. Die kleineren Abmessungen sind die unbestrittenen Vorteile älterer Mountainbikes mit 26er Felgen!
Noch ein abschließendes Erlebnis zum Thema Auto, das ein völlig anderes Verhältnis der Spanier zum Auto zeigt. In Deutschland unvorstellbar.
Es war kühl und eine Pause in einer Bar für einen caffee con leche war angesagt. Die Räder wurden an der Hauswand abgestellt, der Weg war allerdings etwas abschüssig. Durch die Packtaschen schienen die Räder fest angelehnt. Plötzlich machte sich mein Rad selbständig, begann leicht vorwärts zu rollen, dann ein leichter Bogen und krachte mit dem Lenker in die Tür eines nagelneuen Autos, dicke Delle. Ich war schon zu weit, um das Unglück noch aufhalten zu können, das nun seinen Lauf nahm. Ein Lieferwagenfahrer, der das alles beobachtet hatte, grinste über´s ganze Gesicht.
Mit hängenden Köpfen und klopfendem Herzen haben wir die Bar betreten und den Wirt gefragt, ob er den Eigentümer kenne. Er war selbst der Eigentümer. Nun die Frage nach der Polizei, Versicherung und was sonst in so einem Fall erforderlich ist mit den doch eher geringen Spanisch Kenntnissen in größter Aufregung. „Ist alles kein Drama, ist nur eine Beule am Auto, kann passieren!“ Wir wurden nun nicht noch zum Kaffee eingeladen, aber so ein gelassener Umgang mit der Beule im neuen Auto war doch eine ganz unerwartete Reaktion. Eine andere Mentalität. Wahnsinn!!!
Anders als in allen anderen beschriebenen Fahrradländern sollte man in Spanien doch Grundkenntnisse der Sprache beherrschen. Fremdsprachen werden insbesondere auf dem Land nicht beherrscht, sogar die jungen Leute sprechen kaum Englisch, Spanisch ist eben Weltsprache. Spanier sprechen gnadenlos alles spanisch aus. Frage, wer also ist Garretbaläh? Los Rojing stonnes kann man schon noch verstehen.