Camino Jacobeo – Jacobsweg

Ich bin dann mal weg!

So dramatische Leiden wie unser Hape Kerkeling müssen Radler nicht durchstehen. Es geht eben schneller auf dem Rad. Euer Fahrradpartner hat die Wanderer, wenn sie sich mit letzter Kraft durch den „Poligono Industrial“ über endlose Straßen mit Möbellagern und Autoklitschen in die Stadtzentren gequält haben, zutiefst bemitleidet. Ein spirituelles Erleben wird ihnen dabei  sicher nie zuteil. So gesündigt wird wohl keiner der armen Fußpilger haben, dass er sich diese Wege antun müsste. Radfahrer legen die Ohren an und treten kräftiger in die Pedalen.

 

Camino francés 

Wenn der Fahrradpartner vom Jakobsweg berichtet, dann meint er den Klassiker Camino francés.  Bei der ersten Tour 1999 auf dem Camino war trotz Heiligen Jahres auf dem Weg alles sehr geruhsam und problemlos. Die Pilgerherbergen haben Radler nicht abweisen müssen, was bei der zweiten Tour einige Jahre später generell der Fall war. Radler haben eben noch mehr Kraft in den Waden, um in die nächste Stadt zu fahren und dort ins Hotel zu gehen. Wär ja kein Problem, wenn der Camino sich nicht zu einem Massenphänomen entwickelt hätte und es auch schon schwierig wurde, ein Hotelzimmer zu bekommen. 

Ja, beim ersten Mal gab es in den Restaurants noch ein Pilgermenü mit drei Gängen, einer Flasche Wein für zwei Personen für nach heutigen Kosten für ca. 5 €. 

Wenn im Mittelalter Pilger auf die Reise gingen oder gehen mussten, war die Wahrscheinlichkeit eher gering, auch nach vielen Monaten wieder heil nach Hause zurückzukehren und den Straßenräubern nicht in die Hände gefallen zu sein. 

Die Straßenräuber gibt es wieder, sie heißen heute Hotelier und gehen ihren Raubzügen völlig legal nach.

Dennoch bietet der Camino Jacobeo eine lohnende Reise für Radler, die beeindruckende Landschaften und Städte kennen lernen wollen und die Begegnung mit anderen Menschen, die vielleicht wirklich noch mehr auf der Suche nach innerer Einkehr sind als Bereicherung erleben. Es muss nun  nicht die Frau mit Schweigegelübte sein, die in der Pilgerherberge ebenfalls alle Anwesenden zum Schweigen verpflichtet hat. 

Die innere Einkehr und das meditative langsame Vorankommen hat euer Fahrradpartner, allerdings zu Fuß in Nepal und Tibet selbst erfahren können, auf dem Camino war es nicht möglich, siehe Poligono Industrial.

Wie einer Radreise auf dem Camino doch zum nachhaltigen positiven Erlebnis wird, möchte ich euch im Folgenden kurz schildern, nee, wird kein weiteres Buch über die hundertfach beschriebene Pilgerroute.

Als Radfahrer überwindet man schneller größere Strecken als ein Wanderer, so dass man sich abschnittsweise eine eigene Route sucht. Das ist gleich zu Beginn des Camino angesagt. Der historische Wanderweg südlich von Roncesvalles ist ziemlich steil und zum Radeln nicht geeignet. Der empfohlene eigene Weg führt durch das landschaftlich sehr schöne zum Radeln perfekt geeignete Valle del Irati. Wer Zeit hat, sollte sogar den Abstecher in das malerische Bergdorf Ochagavia unternehmen. 

Hinter Pamplona hat der Camino die Qualität eines ausgetrockneten Bachbetts, zum Radfahren keine Chance. Radler haben die nur wenige Meter vom historischen Weg  entfernte Staatsstraße genutzt, wahrlich auch kein Vergnügen. Daher haben sich die Fahrradpartner entschieden, die in der Karte grün markierte Landstraße weiter nördlich zu fahren. In Estella wurde der Camino wieder erreicht. In der weiteren Fortsetzung ging es dann mit dem Radeln meistens besser. Es gibt getrennte Rad- und Wanderwege, nur der Radweg ist ein frisch gepflügter Acker und der befestigte Wanderweg  recht gut befahrbar. Welchen Weg die Radler genommen haben, war dann klar. Aber Rücksicht auf Wanderer nimmt jeder Radler. 

Bei Logroño durchquert der Camino das Gebiet des Rioja, eines der bedeutendsten Weinbaugebiete. Als Fan des Architekten Frank Gehry muss  man den Umweg nach Elciego unternehmen, um sein Bauwerk die „Bodega Marqués de Riscal“ zu besichtigen, das größte Ähnlichkeiten mit dem Museum of Modern Arts in Bilbao aufweist. Wer als Fahrradpilger 500 € übrig hat, kann dort übernachten! 

Der nächste Seitenweg, den man unbedingt gefahren sein sollte, beginnt bei Ponferrada und führt in die Gegend der römischen Goldminen von Las Medulas. Diese Kulturlandschaft wird seit 1997 als UNESCO Weltkulturerbe geführt. In Villa Franca verbinden sich der Abzweig und der  Camino wieder miteinander.

In Ocebreiro wird der höchste Punkt vor Santiago de la Compostela erreicht und auf guten Wegen geht es zum Ziel.

In Santiago de la Compostela ist der offizielle Camino beendet. Es heißt ja, dass der heilige Jacobus die galizische Küste mit dem Schiff erreicht haben soll. Die Reise muss also nicht zu Ende sein, sondern findet ihre Fortsetzung nach Westen bis zum Cabo Fisterra, dem westlichsten Punkt von Kontinentaleuropa. Die Fahrt dorthin ist ein würdiger Abschluss der Fahrradtour von den Pyrenäen entlang  dem Camino Santiago bis zum Atlantik.

Camino combinado

Die beiden Fahrradpartner haben den Camino in eigener Variation als Kombination des Küstenweges und des französischen nochmals unter die Räder genommen.

Dabei wurden die Pyrenäen auf mehren Pässen durchradelt. Mit der „Port de la Bonaigua“ (2072 m) haben es die Fahrradpartner geschafft, den höchsten Pass in Spanien zu queren.

Diese frei geplante Radreise hat mit dem Besuch des Höhlenklosters von San Juan de la Peña einen absoluten Höhepunkt geboten. Der Legende nach, soll hier der hl. Gral verborgen sein.

Der Tipp vom Fahrradpartner:

Wer eine Radreise auf dem Camino Jacobeo plant, sollte unbedingt bereit sein, sich vom historischen Weg zu lösen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Links und rechts des Weges könnt ihr so viel mehr noch erleben, und könnt dennoch sagen, ich bin den Jacobsweg gefahren. Camino Stempel gibt es natürlich nur in den Kirchen und Klöstern entlang der offiziellen Wege. Wer die Stempel der letzten 300 km vor Santiago de la Compostela eingesammelt hat, wird als Pilger anerkannt und erhält im „officina de los peregrinos“ den persönlichen Pilgerpass mit seinem Namen in Latein.